Die Bundestagswahl 2017 - Wahlhilfen für Millennials

Veröffentlicht am 01.09.2017

Die Bundestagswahl 2017 - Wahlhilfen für Millennials

#1 Das Urgestein: Der Wahl-O-Mat

Der Wahl-O-Mat wird seit 2002 von der Bundeszentrale für politische Bildung zu jeder Landtags- und Bundestagswahl erstellt und dürfte den meisten schon bekannt sein. Das klassische Frage-Antwort-Tool zeigt dir, welche Partei am besten zu deiner politischen Einstellung passt.

Was steckt dahinter:

Der Wahl-O-Mat ist im Internet oder als App verfügbar. Nacheinander werden dir um die 40 Thesen präsentiert, zu denen du Stellung nehmen musst. Die Antwortmöglichkeiten dabei sind: „stimme zu“, „neutral“, „stimme nicht zu“ oder „These überspringen“. Im Anschluss können bestimmte Thesen noch persönlich gewichtet werden. Nach Beantwortung aller Fragen kannst du bis zu acht Parteien auswählen, die in Abhängigkeit von den persönlichen Antworten gerankt werden. Dazu wird jede ausgewählte Partei mit einer Prozentzahl versehen, die die Übereinstimmung angibt.

#2 WahlSwiper - Tinder unter den Wahlhilfen

Was Tinder mit Politik zu tun hat? - Bis jetzt nicht viel. Doch das junge Unternehmen Movact hat den „Tinder-Swipe“ salonfähig gemacht. In der App werden dem User anstatt potenzieller Partner politische Thesen präsentiert, die dieser mit einem Links-Wischen verneinen beziehungsweise mit einem Rechts-Wischen bejahen kann. Das Gute daran: Ein schwammiges „neutral“ gibt es nicht und jede Aussage muss klar beantwortet oder übersprungen (= nicht gewertet) werden. Um dies auch bei Themen möglich zu machen, von denen man nicht so viel Ahnung hat, bietet der WahlSwiper zu jeder These ein kurzes Info-Video an. Hier werden in 30 bis 40 Sekunden die wichtigsten Fakten objektiv erklärt.

Wie auch beim Wahl-O-Mat können im Anschluss die Parteien ausgewählt werden, die mit der persönlichen Einstellung verglichen werden sollen und in einer Übereinstimmungsgrafik dargestellt werden.

Das einzige Manko am WahlSwiper ist die fehlende Möglichkeit zur Gewichtung einzelner Thesen. Denn von Asylpolitik bis hin zur PKW-Maut hat jeder seine persönlichen Prioritäten. Was den Deutschen dabei am wichtigsten ist, zeigt diese Statistik über wichtige Themen bei der Bundestagswahl.

#3 Musik-O-Mat - Wahlkampf mal anders

Neben dem ganzen Ernst der Politik hat sich der Streaming-Dienst Deezer den Musik-O-Mat ausgedacht, um die Wahl von einer musikalischen und spaßigen Seite anzugehen. Den fünf großen Parteien (CDU, SPD, Die Grünen, FDP, Die Linke) wurden im Vorfeld neun Fragen zu Lieblingsliedern und Musikgeschmäckern gestellt. Die Antworten stehen dem Nutzer nun als Antwortmöglichkeiten zur Verfügung - natürlich vorerst ohne dazugehörige Partei. Im Anschluss an die neun Fragen wird dem Nutzer angezeigt, zu wieviel Prozent der eigene Musikgeschmack zu dem jeder Partei passt.

Ob Merkel, Schulz, Lindner und Co. die Fragen tatsächlich selbst beantwortet haben, bleibt ungewiss. ;-) Trotzdem: Wir finden diesen Marketingstreich von Deezer sehr gelungen.

#4 DeinWal.de - weg von den Wahlprogrammen

DeinWal.de ist ein Quiz, bestehend aus 12 Themengebieten mit insgesamt 42 Fragen. Die Fragen können mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthalten“ beantwortet werden. Auf den ersten Blick dasselbe wie der Wahl-O-Mat? Falsch! Denn im Gegensatz zu den beiden obigen Wahlhilfen ist die Grundlage für DeinWal.de nicht das aktuelle Wahlprogramm sondern das tatsächliche Abstimmungsverhalten der Abgeordneten in der Vergangenheit. Das Quiz zeigt also nicht, wie die einzelnen Parteien „stimmen würden“, sonder wie sie „gestimmt haben“. Während des Quizes bekommst auch du Abstimmungsfragen gestellt, die genauso im Bundestag besprochen wurden.

Als Ergebnis erhältst du ein Diagramm mit den Parteien, die dir am ähnlichsten abgestimmt haben. Zudem kannst du genau sehen, wie die Abgeordneten selbst zu den 42 Fragen geantwortet haben.

Doch auch hier gibt es ein offenkundiges Problem: Die Fragen und Themen stammen aus der aktuellen Legislaturperiode. Heißt: Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind, aber nach aktuellen Prognosen die Fünf-Prozent-Hürde erreichen würden, können nicht in das Quiz einbezogen werden.

#5 Themenspezifische Wahlhilfen

Neben den allgemeinen Wahlhilfen gibt es Portale, die einzelne Themen oder Zielgruppen konkret ansprechen.

1. Sozial-O-Mat

Der Sozial-O-Mat ist eine Website der Diakonie Deutschland und behandelt hauptsächlich vier soziale Herausforderungen in zwölf Fragen:

  • Familie/Kinder
  • Flucht
  • Pflege im Alter
  • Armut

Durch die wenigen Fragen liegt der Fokus weniger auf der Wahlempfehlung sondern mehr auf Informationen zu den vier oben genannten Themen. Trotzdem erhält man zum Abschluss ein persönliches Übereinstimmungs-Diagram.

2. Digital-Thesen-Check

Digitalisierung ist ein sehr großes und wichtiges Thema im Wahlkampf, dem sich alle Parteien zu stellen haben. Deshalb gibt es den „Digital-Thesen-Check“ des Zentrums für Digitalen Fortschritt. Dieses Zentrum hat im Vorfeld die wichtigsten Thesen zur Digitalisierung gesammelt und den Katalog an die größten Parteien gesendet. Die verschiedenen Antworten sind nun übersichtlich auf der Website veröffentlicht und können direkt miteinander verglichen werden.

Neben einem einfachen Häkchen, Kreuz oder Querstrich für Zustimmung bis Ablehnung können außerdem die detaillierten Antworten der einzelnen Parteien abgerufen werden.

3. Agrar-O-Mat

Hast du Ahnung von agrarpolitischen Themen oder Problemen? - Vermutlich nicht. Doch Landwirte sind extrem von politischen Entscheidungen und Vorgaben betroffen und müssen ihre Arbeit danach ausrichten. Gerade diese Zielgruppe kommt bei herkömmlichen Wahlhilfen oft zu kurz. Deshalb hat das Fachmagazin agrarheute den Agrar-O-Mat ins Leben gerufen.

Dieser funktioniert vom Prinzip her genauso wie der Wahl-O-Mat. Allerdings beschäftigen sich die 22 Thesen ausschließlich mit der Agrarpolitik. Deshalb ist der Agrar-O-Mat für Landwirte ein sehr nützliches Hilfsmittel, um die Vorstellungen der einzelnen Parteien übersichtlich mit den eigenen Wünschen zu vergleichen.

#6 Social-Media - der Draht zu den Millennials

Neben den ganzen „O-maten“ sind vor allem Social-Media Kanäle eine wichtige Informationsquelle für junge Menschen. Das haben auch die Politiker gemerkt und sind unterschiedlich stark auf Facebook, Twitter und Co. unterwegs. Doch nicht nur eigene Postings oder Videos gehören mittlerweile zum politischen Alltag: Immer mehr Politiker wagen den persönlichen Austausch mit jungen Influencern. Sogar die Kanzlerin selbst ist immer häufiger in Interviews mit Größen aus der Youtube-Szene zu sehen.

Hier lohnt sich in jedem Fall, einen Blick auf die verschiedenen Social-Media Accounts der Spitzenkandidaten zu werfen. Gerade bei Live-Videos oder coolen Interviews hat man die Chance, die Stärken und Schwächen der Politiker, aber auch die Einstellungen der Parteien dahinter, authentisch kennenzulernen.

Fazit

Generell gilt, dass es sich bei all diesen Wahlhilfen eben nur um Hilfen handelt und nur die Richtung für deine persönliche Wahl angibt. Bei wichtigen Fragestellungen schadet ein Blick in das Wahlprogramm der Parteien sicher nicht und auch die Persönlichkeiten der Politiker hinter den Parteien sind von hoher Bedeutung.

Zudem gibt es gerade für Studenten noch weitere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung - außerhalb des Netzes: Viele Politiker machen während ihres Wahlkampfes Halt in Universitäten und beantworten die Fragen der Studenten. Auch Besuche in Betrieben und Stände in der City sind an der politischen Tagesordnung und bieten die Möglichkeit des persönlichen Austauschs mit Parteimitgliedern. Du siehst: Es gibt viele Wege sich seine eigene politische Meinung zu bilden und mit diesem Wissen sicher an die Wahlurne zu treten.